Wasserwüste — Überfischung der Ozeane

csm_Fischscharm-WW22335-c-David-Fleetham-naturepl.com-WWF_c68c9bf199.jpg

Den Ozeanen droht der Kollaps. Mit dafür verantwortlich ist die Fischereiindustrie. Die starken Veränderungen im 21. Jahrhundert werden zunehmend deutlicher. Das Märchen vom unendlichen Reichtum der Meere galt im 20. Jahrhundert als Konsens und wer behauptete, der Fisch könne einmal verschwinden, wurde vermutlich für verrückt erklärt. Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Fischbestände erholter, woraus geschlossen wurde, dass das Meer die Ernährung der steigenden Weltbevölkerung auf Dauer sichern könne. Die Fangquoten stiegen rasant an. Durch immer größere Fangschiffe, riesige Netze, Sonargeräte und digitale Karten konnten immer höhere Quoten erreicht werden. 

Überfischung

Laut der Deutschen Stiftung für Meeresschutz gehören Fische und andere Meereslebewesen mit einem jährlichen Handelswert über 143 Milliarden Dollar zu den meistgehandelten Gütern der Welt. Hinter diesem großen Industriezweig verbirgt sich eine riesige Maschinerie, welche mit großen Flotten Fischerei betreibt. Entwickeln sich die Meere durch die hohe Belastung auf Dauer zu einer Wasserwüste, anders als im 20. Jahrhundert angenommen? Aus heutiger wissenschaftlicher Sicht werden die Meere nie völlig unbewohnt sein, dennoch werden die Lebewesen zunehmend strapaziert. Entgegen dieser Aussage könnten sich die Ozeane zu Wasserwüsten mit wenigen Lebewesen entwickeln. Jahrzehntelang wichen die Fischbestände auf entfernte und tiefere Gebiete aus, doch durch die weltweite Ausbreitung der Fischindustrie gibt es kaum noch unbefischte Gebiete. Die UN „UNEP“ veröffentlichte, dass es spätestens 2050 keine kommerzielle Fischerei mehr geben könne.

Die jährliche Fangmenge von 171 Millionen Tonnen aus Wildfang und Aquakultur, die Grundschleppnetze und das Vordringen in scheinbar unerreichbare Tiefen lassen ein totes Meer zu einem reellen Szenario werden. Überraschend scheinen dabei die Zahlen, wie viele Boote tatsächlich für den Überfischungsdruck sorgen. Gerade einmal ein Prozent (ca. 35.000) der 4,6 Millionen Fischerboote sorgen für die Hälfte der weltweiten Fangmenge und 80% des gehandelten Fisches. Innerhalb von 60 Jahren hat sich die Menge des gefangenen Fisches von 12,8 Millionen auf 80 Millionen Tonnen vervielfacht.

Laut der FAO sind 31,1% global, in Europa sogar 41,1% der Fischbestände überfischt und ca. 60% maximal befischt. Der Bestand großer Raubfische wie Thunfisch, Schwertfisch oder Kabeljau wurden innerhalb von 50 Jahren um 90% reduziert. Die Folgen dieser Überfischung sind gravierend für die Ökosysteme und die Menschen, die von und mit diesen leben.

eu-trawler-pluendern-die-ozeane.jpg

Bild: Pierre Gleizes/Greenpeace; https://www.greenpeace.de/infomaterial/ueberfischung.pdf

Beifang

Die Techniken, um Fische zu fangen, scheinen trotz des allgemeinen Fortschrittes in der Zeit stehengeblieben zu sein. Es wird keine Rücksicht auf die Natur und Ökosysteme genommen, Jungfische sterben in feinen Netzten als Beifang und Grundschleppnetzte pflügen ganze Bereiche mehrmals um. 300.000 Haie, Tümmler oder andere Meeressäuger sterben jedes Jahr als Beifang. Die Rückwürfe belaufen sich jährlich auf 1,7 Tonnen. Besonders hoch ist der Beifang, wenn sich auf Tiere konzentriert wird, die am Meeresboden leben (Schollen, Seezungen oder Krebstiere). Grundschleppnetze, die auf dem Boden entlang gezogen werden, produzieren 80% Beifang und zerstören ganze Ökosysteme. Die gesamte Menge des Beifangs beläuft sich pro Jahr auf ca. 40 Millionen Tonnen.

Konsequenz

Neben den Rückgängen der befischten Arten, leiden auch Fischbestände der Ozeane, die nicht kommerziell befischt werden. Durch die selektiven Fangmethoden leiden ebenfalls Meereslebewesen wie Wale, Delfine oder Schildkröten. Ihnen kommt auch in der Klimaregulation eine bedeutende Rolle zu und trotzdem sind sie vermehrt auf der roten Liste gefährdeter Arten des IUCN zu finden. 

Außerdem sind humanitäre Konsequenzen zu nennen, denn wenn Fischbestände einer Art dramatisch zusammenbrechen, verlieren viele Menschen ihre Arbeit. So ist es 1992 in Neufundland (Kanada) passiert, als der Kabeljau weggefischt war. Im globalen Süden sind viele Menschen ebenfalls stark von der Fischerei abhängig und werden durch den Rückgang der Fische teilweise in die Piraterie gezwungen. Dieses Beispiel spricht nicht für alle Fischer:innen im globalen Süden, dennoch verdeutlicht es, wie weit die Problematik führen kann. Des Weiteren sind Menschen im globalen Süden auf eine proteinreiche Nahrung aus dem Meer angewiesen und leiden unter der Überfischung und dem Rückgang der Meereslebewesen. Diese Fischer:innen stellen zumeist einen Teil der traditionellen Fischerei dar. Wie traditionelle Fischerei im globalen Süden von dem Klimawandel beeinflusst und verändert wird, wird in einem weiteren Blogartikel aufgegriffen.

Aufgrund der Problematiken, vielen Apellen der Wissenschaft und Berichten wie der UN UNEP, wurden Maßnahmen gegen die Überfischung erlassen. Darunter selektivere Fangtechniken, Fangquoten, Schutzgebiete und Schonzeiten für gefährdete Fischarten oder Öffnung versperrter Wanderrouten für Zugfische. Trotz der Gefahren und Möglichkeiten der Bekämpfung, nimmt der industrielle Fischfang dennoch weiter zu. In deutschen Wassergebieten soll laut einer Studie des Geomar–Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel die Befischung ebenfalls zugenommen haben.

Trotzdem führen Regulationen wie sie in Neuseeland und Australien durchgesetzt wurden dazu, dass Schutzgebiete ausgebaut werden können. Zudem werden in der EU die Fangquoten nicht mehr jährlich erstellt, sondern langfristig gesetzt. Mehrjährige Pläne fordert auch der WWF und die Betrachtung des gesamten Ökosystems, anstatt einer bestimmten Art. Die angestrebten sowie festgelegten Regeln müssen durchgesetzt und stärker kontrolliert werden.

Was kann man tun?

Eine nahe liegende Lösung stellt der Verzicht dar. Dies ist allerdings eine europäische sowie westliche Ansicht und ist nur schwer oder kaum auf Länder im globalen Süden anzuwenden. Nichtsdestotrotz könnten Konsument:innen vermehrt auf Fisch und andere Meereslebewesen verzichten und pflanzliche Fischalternativen verwenden. Wer weiterhin Fisch essen möchte, sollte in den Ratgebern vom WWF und Greenpeace Informationen suchen. Siegel, wie das MSC (Marine Stewardship Council) Siegel sollten allerdings mit Vorsicht betrachtet werden. Greenpeace etwa verurteilt, dass das Siegel zu schnell vergeben werde und die bloße Aussicht, dass nachhaltige Kriterien angewendet werden, reichen würde. Das Siegel scheint auch an Fischereien vergeben zu werden, die durch die eingesetzten Fangmethoden großen Schaden am Meeresboden anrichten. Nichtsdestotrotz hat das Siegel ein Umdenken eingeleitet und wird vom deutschen Verbraucherschutz als positiv bewertet, da es die Einzelfälle der jeweiligen Fischart und Fangmethode betrachtet. Neben dem Siegel sollte man trotzdem auch auf die Art des Fisches und die Fangmethoden achten. Fisch aus Aquakulturen sollte nur aus biologischen Farmen verzehrt werden. Auch hierfür stehen verschiedene Siegel zu verfügung. Unsere Meere und seine Bewohner müssen weiter geschützt werden. Dies kann nur mit einer Fischerei gelingen, die Ökosysteme respektiert und ihnen Platz, Zeit und Raum zur Erholung ermöglicht.

Beitrag (2019) der Tagesschau über die Fischbestände und Überfischung der Ostsee.

Literatur

https://www.planet-wissen.de/natur/meer/ueberfischung_der_meere/index.html

https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Fisch-kaufen-Sind-Siegel-wie-MSC-sinnvoll,fisch195.html

https://www.stiftung-meeresschutz.org/themen/fischerei/industrielle-fischerei/

https://www.klimafakten.de/branchenbericht/was-der-klimawandel-fuer-die-fischereiwirtschaft-bedeutet

Zurück
Zurück

S.O.S Corales

Weiter
Weiter

Blue, Brown und Green?